Agri Photovoltaik - aus Tradition der Zeit voraus

Getreu unserem Motto „aus Tradition der Zeit voraus“ starteten wir im Jahre 2020 im Rahmen eines Pilotprojektes einen weiteren Meilenstein in der Geschichte unseres Weinguts. Die womöglich weltweit erste Agri-PV Anlage im Weinbau mit Mehrfachnutzung. In einem ersten Schritt analysierten wir den Einsatz eines Solarfaltdaches. Erfahren Sie mehr über diese erste Lösung, welche wir analysiert haben, im Video.

Die Ausgangslage

Wir haben im Jahre 2019 (nach dreijähriger Strukturverbesserung des Bodens) die robuste Rebsorte Divico gepflanzt, welche praktisch keinen Pflanzenschutz benötigt. Deshalb spricht man auch von Piwi-Sorte (pilzwiderstandsfähige Sorte). Die gesamte Parzelle (ca. 8000m2) ist eingezäunt und bereits heute weiden unsere Ouessant-Schafe darin. Dabei haben wir den Trägerdraht so hoch gesetzt, dass die Schafe perfekt unter der Anlage kreuz und quer durchlaufen können. Das war die Ursprungsidee einer ganzjährigen Doppelnutzung der Parzelle (als Weidefläche und zur Traubenproduktion).

Die Parzelle befindet sich zwar in der Weinbauzone, grenzt jedoch direkt an eine Industriezone, weshalb unser neustes Vorhaben Agri-PV perfekt passt.

In der erstem Variante wollten wir mit einem sogenannten Solarfaltdach über der Rebparzelle eine Mehrfachnutzung einer Fläche bewirken. Die Firma dhp technology hat in den letzten Jahren mit der bewährten Schweizer Seilbahntechnik eine Lösung entwickelt, die aktuell weltweit einzigartig ist. Wie wir diesen Ansatz und Technologie für den Weinbau einsetzen wollten, erfahren Sie weiter oben im Animationsvideo.

Die Solarfaltdachlösung wurde nach der Vorstudie jedoch verworfen. Denn aufgrund der Bodenstruktur wären die Verankerungen ohne Betonfundamente aufgrund der berrechneten Zugkräfte enorm aufwändig geworden (Verschraubung bis 8 Meter in den Boden). Die ganze Anlage wäre deutlich zu wuchtig geworden. Also prüften wir andere Lösungen. Die Lösung, welche in den Beerenkulturen bereits angewendet wird, war Gegenstand der zweiten Analyse. Die Firma Insolight bietet semitransparente Module an. Wir wollten die Lösung mit einem Tracking (Gewährleistung der Beweglichkeit der Solarmodule) erweitern.

Die Herausforderung

Agri-PV ist auf dieser Rebanlage insofern interessant, als dass man mit einer intelligenten Steuerung auch eventuell gewisse andere Herausforderungen meistern könnte:

- Benötigt die Rebe mehr Licht, wird der Winkel der Panels verändert (Tracking).

- In den heissen Sommertagen spendet die Anlage eine entsprechende Beschattungsmöglichkeit.

- Es wird geprüft, ob der Reifeprozess der frühreifen Sorte Divico verzögert werden kann, damit der Erntezeitpunkt idealer ist (Zucker- und Fruchtreife).

- Wir möchten im Pilotprojekt erkennen, wie Schäden an der Rebkultur mit der Agri-PV Anlage reduziert werden kann (durch Verzögerung des Austriebs bzw. Nutzung der Abwärme in den Frostnächten). Eventuell sogar Nutzung von Strom, um in den Frostnächten zu heizen anstelle des Einsatzes von Parafinkerzen.

- Mehrfachnutzung als Beitrag zur Energiewende auf einer Fläche, wo sonst „nur“ Reben sind (Ressourceneffizienz) und ideal gelegen ist.

Projektstand per Ende 2023

Obwohl sämtliche involvierten Dienststellen das Projekt als unterstützungswürdig empfanden, musste das Vorhaben abgebrochen werden. Die Dienststelle für Umwelt teilte uns mit, dass auch eine einfache Ständerung der PV-Module als Bauvorhaben angeschaut wird. Da sich die Parzelle auf einer Grundwasserschutzzone S2 befindet, kann der Kanton das Projekt trotz allem nicht bewilligen. Dazu müsste die Gesetzgebung angepasst oder entsprechend interpretiert werden. So mussten wir unser Vorhaben sistieren.

Etliche fragen uns auch jeweils, weshalb wir das Projekt nicht auf einer anderen Parzelle realisieren. Da es diverse Rahmenbedingungen benötigt (Nähe zu den Trafostationen/Leitungen, entsprechende Traubensorte, Topografie), konnten wir in unserem Parzellenverzeichnis leider keine Parzelle definieren.

Wir konnten mit unseren Vorhaben in der Schweiz eine Debatte auslösen und damit einen Beitrag für zukünftige Projekte leisten. Wir sind froh, dass andere Weingüter die Idee aufgenommen haben und nun Projekte lancieren, die dann hoffentlich mehr Chancen haben.

Die Umsetzung

Wir sind uns bewusst, dass solche Agri-PV Anlagen einen ästhetischen Eingriff in die Natur bewirken. Deshalb sind solche Lösungen nicht überall installierbar. Grosses Potential sehen wir natürlich für die „normale“ Agrar-Photovoltaik (APV) bei Gewächshäusern in der Beeren- und Obstkultur.

Da die Parzelle in der Talebene direkt an der Kantonsstrasse liegt und gleichzeitig eine gewisse Industrie als Nachbar auch Strom verwenden kann, bietet sich die Parzelle auch diesbezüglich an. Aufgrund der robusten Rebsorte ergibt sich auch keine Gefahr von Beschädigungen der Panels der Agri-PV aufgrund der allfälligen Pflanzenschutzmittel.

Die Mehrfachnutzung

Ein derartiges Agri-PV Projekt mit einer Mehrfachnutzung im Weinbau gibt es aktuell (2024) grossflächig nicht. Dies auch, weil bis im Jahre 2023 das Raumplanungsgesetz in der Schweiz ganz grundsätzlich APV nicht erlaubt. Im Ausland gibt es diverse Forschungs- und Pilotprojekte. In der Schweiz hat Agroscope auf einer Kleinstfläche eine Fixanlage kürzlich in Betrieb genommen.

Mit Agroscope wurde ein Zusammenarbeitsvertrag unterschrieben, damit die Resultate breit zugänglich sind.

Aus Tradition der Zeit voraus

Unsere Hausaufgaben haben wir gemacht und wir sind für die nächste Etappe bereit. Durch die Anpassung der Raumplanungsverordnung (RPV) auf nationaler Ebene, ist nun der Weg frei für die Vorstudie und die anschliessende Baueingabe. Selbstverständlich ist auch die Finanzierung nicht unproblematisch. Doch wir sind überzeugt, dass solche Projekte auch förderungswürdig sind, wollen wir die Energiewende auch tatsächlich schaffen. Unser derzeitiger Strombedarf decken wir bereits heute (theoretisch) mit Eigenproduktion via klassischer PV ab (Dach- und Fassadenlösungen).

Cave du Rhodan ist seit Jahren Mitglied des Branchenverbandes Swisscleantech und deshalb auch gut vernetzt hinsichtlich Generierung von enkeltauglichen Projekten. So war es auch bereits anlässlich eines Swisscleantech-Anlasses, wo wir für ein winzerübergreifendes Ressourceneffizienz-Projektes den Industriepartner Birchmeier gefunden haben, um die damalig weltweit einzigartige elektrische Rückenspritze umzusetzen.

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